Archiv für Autobahn- und Straßengeschichte

Asphalt, Beton & Stein | Autobahnen & Fernstraßen

BAB A4: Trassenverlauf zwischen dem Kleinen Hörselberg und der AS Eisenach-Ost
- Die sogenannte "Trenkelhof-Umfahrung" -

Einleitung

Die meisten Karten des mitteldeutschen Raumes mit bereits zum Verkehr freigegebenen bzw. erst begonnenen Reichsautobahn-Strecken zeigen im Bereich der nördlichen Umfahrung von Eisenach lediglich die Markierung für eine "im Bau" befindliche Trasse. Das ist nicht verwunderlich: Gehört doch das Gebiet zwischen Sättelstädt östlich der Hörselberge und Hersfeld mit seinen engen Tälern und steilen Bergrücken zu einem der Bereiche im entstehende Autobahnnetz, der die Planer, Ingenieure und letztendlich die Autobahnarbeiter vor besondere Aufgaben stellte. Manchmal, wie westlich des Kleinen Hörselberges, waren es nur kleine Täler, die es aber doch zu überbrücken galt. Selbst der genaue Steckenverlauf nördlich von Eisenach war wohl lange Zeit unklar. Einige Karten zeigen die künftige Strecke 85 von Bamberg kommend und durch das Werratal führend nur bis östlich von Eisenach, wo sie bei Wutha in die heutige BAB A4 Kirchheim - Eisenach einbinden sollte. In den Plänen des Arbeitsberichts "Die Planungsarbeiten für die Reichsautobahnen" der GEZUVOR von 1937 ist die Strecke jedoch über die West-Ost-Strecke hinaus vorgesehen.

Die Kirchtalbrücke

54 Eisenach Kirchtalbrücke 1968
 

Eines dieser kleinen Täler die mit einer Brücke überquert werden sollten, war das Kirchtal unmittelbar am nördlichen Rand der Gemeinde Wutha. Manche Karten skizzieren an der Stelle ein künftiges Autobahndreieck als Abzweig der Strecke 85 nach Süden. Die wenigen fotografischen Aufnahmen, die sich bis heute erhalten haben, zeigen ein Widerlager und zwei im Bau befindliche Pfeiler. Es gibt Meinungen (B017474, Sn. 9 u. 11), das wären erste Bauwerke für den Abzweig gewesen.

Bei einer Vor-Ort-Betrachtung des in Frage kommende Gebiets wird man schnell feststellen, dass es für ein Dreieck völlig ungeeignet gewesen wäre. Bei den genannten Aufnahmen handelt es sich eindeutig um das begonnene Brückenbauwerk über das Kirchtal. Auch aus einem Artikel in der Eisenacher Gauzeitung geht dies hervor (Ausgabetag u.w. Angaben liegen nicht vor). Dort heißt es an einer Stelle:

"Hinter der Baustelle Trenkelhofer Straße schwingt sich das Band der Autobahn über den Trenkelhof und die zu errichtende Kirchtalbrücke hinüber nach dem Kleinen Hörselberg."

Abb. 1: Die künftige Brücke über das Kirchtal.
© Foto: W. Böhner, 1968

Ein Zeitungsartikel von 1939, eine beigefügte Zeichnung ist mit "Hempe 1939" signiert, beschreibt die Probleme beim Bau der Kirchtalbrücke folgender Maßen:

"Komplizierter wird die Errichtung des Brückenbauwerkes über das Kirchtal, das von Eichrodt nach Wenigenlupnitz verläuft. Diese Brücke wird in 250 Meter Länge die Verbindung vom Trenkelhofer Kopf nach dem Kleinen Hörselberg herstellen. Hier sind acht Pfeiler ebenfalls bis zu 30 Meter Höhe erforderlich. Die Ausschachtung des ersten Pfeilers ist bereits fertig, für zwei weitere im Gange und in dieser Woche beginnt die Betonierung. Da die Pfeiler bis zu zehn Meter tief gegründet werden, fallen etwa 10 000 Kubikmeter Fundamentaushub an. Dann sind etwa 33 000 Kubikmeter Beton für Fundament, Pfeiler und Gewölbe erforderlich. Für die Verblendung wird man gelblich-grauen Würzburger Muschelkalk, gemischt mit blauem Werkstein, verwenden.
Der Brückenbau-Ingenieur sieht sich hier vor eine besonders schwierige Aufgabe gestellt, weil die Brücke nicht nur ansteigt (1 Meter auf 30 Meter Länge), sondern auch im Bogen mit 600 Meter Halbmesser verläuft, so daß die Pfeiler trapezförmige Grundriß haben. Außerdem werden Fahrbahnen und Pfeiler mit 3,50 Meter Abstand vollkommen getrennt voneinander ausgeführt, so daß praktisch zwei Brücken entstehen. In Anbetracht dieser Schwierigkeiten kann das Kirchtal-Brückenbauwerk erst im Herbst 1940 fertiggestellt werden. Für die Zwischenzeit wird eine nördliche Umfahrtstraße angelegt."
Karte 1a
Abb. 2: Verlauf der Strecke von der Querung der B7 bis nach Kälberfeld westl. von Sättelstädt.
Quelle: Wanderkarte Umgebung von Eisenach, VEB TOURIST Verlag, DDR, 2. Auflage 1977

 

Bauarbeiten nördlich von Eisenach und Wutha

Die "Thüringer Gauzeitung" berichtete in der Zeit, als das Baugeschehen im Eisenacher Gebiet in vollem Gange war, in sehr ausführlichen, reich bebilderten Artikeln. Ihnen ist auch zu entnehmen, dass der Baufortschritt im Wesentlichen von West nach Ost erfolgte. 18 Autobahnlager beherbergten die große Menge an Arbeitskräften. Spuren der Lager sind heute nicht mehr zu finden. Der Trenkelhof ist ein Guts-Gehöft in der heute kreisfreien Stadt Eisenach im Freistaat Thüringen. Welche Immobilien in den 1930er Jahren für das Autobahnlager genutzt wurden, ist dem Autor nicht bekannt.

Am Ende der Ära des Reichsautobahnbaues, 1943, blieb der Übergang von Hessen in das Thüringer Bergland unvollendet. Bei vielen Brücken fehlte die zweite Richtungsfahrbahn ganz oder es waren lediglich einige Pfeiler fertig gestellt. Die Brücke über das Kirchtal mit dem westlichen Widerlager und den zwei unfertigen Pfeilern gehörte dazu. Um wenigstens mit einem provisorischen Lückenschluss die duchgehende Fahrt zwischen den von Osten bis zum Kleinen Hörselberg und von Westen bis an die Kreuzung mit der Langensalzaer Straße fertigen Trassenteilen zu sichern, wurde das Kirchtal in einem weiten Bogen umgangen. Das Autobahnlager Trenkelhof lag unmittelbar an dieser Umgehung und gab seither dem Streckenstück seinen Namen: "Umfahrung Trenkelhof".

Quellen einiger Angaben und Zitate

Die im Archiv verwahrten Zeitungsberichte stammen nach ihrem Inhalt aus den Jahren 1938 und 1939, wobei genauere Angaben zum Erscheinungstag und dem Presseorgan nur in wenigen Fällen bekannt sind. In den Artikeln wird stets begeistert davon berichtet, dass im Jahre 1939 die Reichsautobahn zwischen Gotha und Hersfeld durchgehend befahrbar sein wird.

Wahrscheinlich ging man zu Beginn des Jahres 1938 noch davon aus, dass der Abzweig der Strecke 85 nach Nürnberg mit einem Autobahndreieck erfolgt. Dies deuten jedenfalls folgende Zeilen an:

"Zwischen dem Trenkelhof und Eichrodt wird auch schon an der Stelle gearbeitet, wo die Strecke nach Meiningen - Nürnberg in Richtung Mosbach abzweigen wird."

In einem später erschienenen Zeitungsartikel dagegen wird bereits anderes ausgeführt:

"Wer heute im Wagen von Gotha kommend Eisenach entgegenfährt, muß kurz vor der Stadt unter einer Brücke hindurch, die das niedere Tal wie einen riesigen Balkenzaun durchzieht. Das ist die 500 m lange Transportbrücke auf der die Erdmassen für den Landgrafenberg herangerollt werden. Der Berg dehnt sich um 360 000 cbm Steine und Erde, die oben an der Kreuzung von Trenkelhof frei werden. Damit kommt ein Berg zum anderen, von Menschenwillen versetzt, der einen unbekannten Flecken in unserer nächsten Umgebung zum wichtigsten Kreuzungspunkt der Reichsautobahnen: München, Nürnberg, Bamberg, Meiningen, Eisenach, Nordhausen und: Frankfurt a.M., Eisenach, Dresden bestimmt hat."

Im Werk von Paul Hafen "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen" von 1956 findet sich leider kein Literaturhinweis zum Autobahnbau bei Eisenach. Gründe dafür könnten sein, dass die Bautätigkeit erst sehr spät, ab Anfang 1938 begonnen worden war, die Zeitschrift "Die STRASSE" nicht über spektakuläre Bauwerke berichten konnte und auch Erfolgsmeldungen ausblieben, sowie zunehmend der kommende Krieg spürbar war. Dies zeigt sich auch bei den in der Presse abgebildeten Brückenbauwerken: Während anfangs noch jedes große Bauwerk mit Namen und Örtlichkeit beschrieben worden war, gab es ab dem Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkriegs nur noch solche Bildunterschriften wie "Brücke über ein Tal" und ähnliche. Gleichwohl hat Hafen in seiner Kartenskizze Nr. 17 Kirchheim-Eisenach-Hermsdorf das "Eisenacher Kreuz" eingezeichnet. Die Karte reicht vom Kirchheimer Dreieck bis zum Hermsdorfer Kreuz. Im sog. Eisenacher Kreuz quert die Autobahn Bamberg - Nordhausen.

Eisenacher Kreuz
Abb. 3: Das Eisenacher Kreuz, welches nordöstlich des Trenkelhofs gebaut werden sollte. Erste Arbeiten am Planum waren lt. Zeitungsberichten von 1939 bereits erfolgt."
Quelle: Hafen, P.: Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen, 1956, Kartenanhang, Nr. 17

In seinem Buch "Reichsautobahnen in Mitteldeutschland" 1 zeigt der Autor Bertram Kurze auf Seite 67 den Auszug eines Streckenplanes. Er enthält die vorgesehene Strecke vom Autobahnkreuz Wutha nach Norden vom 10. Februar 1939. In seinen Ausführungen auf der selben Seite, aber auch an anderen Stellen des Buches geht der Autor auf diesen Streckenverlauf weiter ein.

1 Signatur B017354 im Archiv für Autobahn- und Straßengeschichte.

Das Provisorium "Trenkelhof Umfahrung"

In der Thüringer Gauzeitung vom 26. Juni 1939 wird berichtet:

"Ueber die große Transportbrücke über die Nesse und die Langensalzaer Straße wird ein Teil der bewegenden 850000 Kubikmeter Erdreich zur Dammaufschüttung aus der künftigen Kleeblatt-Kreuzung oberhalb des Trenkelhofs herangefahren."
Trenkelhof
Abb. 4: Blick über den Trenkelhof zur ehemaligen A4, heute als nördliche Ortsumfahrung Eisenach genutzt. Im Bereich der durch den Zoomfaktor der Aufnahme recht eng erscheinenden Links-Kurve befindet sich heute die Ausfahrt 40a "Eisenach-Ost".
© Foto: H. Schneider, 11/2015

Die folgenden Aufnahmen zeigen Abzweig und Verlauf der Umgehung Trenkelhof von der ursprünglich vorgesehenen Trasse.

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Abb. 5: Links die ehemalige Autobahn, von Gotha kommend, im Bereich des Parkplatzes Kleiner Hörselberg (rechts). Am Rand des Parkplatzes gibt es eine Informationstafel über die Rekultivierungsarbeiten auf der ehemaligen Trasse.
© Foto: H. Schneider, 11/2015

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Abb. 6: Ca. 100 m nach dem westlichen Ende des Parkplatzes zweigt die Umgehung Trenkelhof von der ursprünglich vorgesehenen und ab 1982 von der DDR auch zur Vollendung der Strecke genutzten Trasse ab.
© Foto: H. Schneider, 11/2015

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Abb. 7: Die Natur holt sich seit 2006 zurück, was ihr einst mit dem Bau der Umgehung genommen worden war. 2006 wurde die Umgehung Trenkelhof entsiegelt und nachfolgend rekultiviert.
© Foto: H. Schneider, 11/2015

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Abb. 8: Am Ende des Kirchtales unterquert ein Wirtschaftsweg die Umgehungsstrecke. Das kleine Brückenbauwerk wurde nach Umlegung der Autobahn auf die neue Trasse wieder zurückgebaut. An der Querungsstelle informieren zwei Tafeln über die ehemalige Umfahrung und die Rekultivierung.
© Foto: H. Schneider, 11/2015

Abriegelung des Kirchtales

Das Kirchtal sollte, wie oben ausgeführt, mit einer Brücke überwunden werden, von der sich das westliche Widerlager und zwei Pfeiler in Bau befanden. Anstatt die Brücke fertig zu bauen, erfolgte Mitte der 1970er Jahre der Bau eines Dammes für die zu vollendende Autobahn.

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Abb. 9: Die "Umfahrung Trenkelhof": Der rote Kreis markiert das Gebiet des Kirchtales.
Quelle: Wanderkarte Umgebung von Eisenach, VEB TOURIST Verlag, DDR, 2. Auflage 1977

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Abb.10: Blick in das Kirchtal von Norden auf den Mitte der 1970er Jahre aufgeschütteten Damm.
© Foto: H. Schneider, 11/2015

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Abb. 11: Ein weiterer Blick auf den Damm zur Abriegelung des Kirchtales. Im Hintergrund der Thüringer Wald mit dem Bereich des Inselsberges.
© Foto: H. Schneider, 11/2015

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Abb. 12: Der Bereich des Kirchtaldammes. Der Hang am rechten Bildrand geht, zunehmend steiler werdend, in die Ortslage Wutha über. Für die Errichtung eines Autobahndreiecks ein offensichtlich ungünstiges Gelände.
© Foto: H. Schneider, 11/2015


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