ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Asphalt, Beton & Stein | Bau, Betrieb & Verkehr

Allee

Eine Allee [franz., aller = gehen] ist eine breite, meist schnurgerade verlaufende Straße, die beiderseits von hohen Bäumen eingefasst ist. Stets sind die Baumreihen extra gepflanzt, d.h. eine von einem Wald eingefasste Straße bildet somit keine Allee.

Im Königreich Preußen ergingen bereits im frühen 19. Jahrhundert mehrere königliche Erlasse zum Anlegen und Gestalten von Alleen. Hintergrund sollte, so eine weit verbreitete Meinung, insbesondere die Beschattung der marschierenden Truppen sein. Liman1 schreibt dagegen: "Die Bäume sollten verhindern, dass Fahrzeuge nicht von der Steinbahn oder dem Sommerweg abkämen und in den tiefen Graben stürzten."

Siekmann2 geht in seinem Aufsatz tiefer und führt an, dass die Wegeform der Allee bereits im alten Ägypten, Mesopotamien, Griechenland und im römischen Reich bekannt war und gepflegt wurde. Sie diente vor allem als Holzproduzent und raumgliedernde Struktur.

Für die Zeit des europäischen Mittelalters sind keine Alleen bekannt. Sie wurden erst wieder seit dem Beginn der italienischen Renaissance in Gärten und an Landstraßen angelegt. Vielfach wurden hochstämmige Obstgehölze als Allebäume gepflanzt. Diese und auch die Bereiche neben den Fahrbahnen wurden gewöhnlich verpachtet und lieferten dem Pächter Obst und Grünfutter.

Im modernen Straßenverkehr werden die Folgen eines Unfalls durch die Alleebäume oftmals verschlimmert. Vielfach versucht man, eine ganze Baumreihe oder wenigstens besonders nahe der Fahrbahn stehende oder sich in Kurven befindliche Bäume mit Schutzplanken gegen den Verkehr abzuschirmen. Bei der Neuanlage einer Allee wird ein größerer als der ursprüngliche Abstand zum Fahrbahnrand eingehalten.

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Ahornallee im Barnim zwischen Rüdnitz und Danewitz der Kreisstraße K6005, Land Brandenburg
Die ca. 700 Ahornbäume sollten 2007 im Zuge der Straßensanierung gefällt werden. Eine Protestaktion gegen die Fällungen, angeführt von den Organisationen Robin Wood und Grüne Liga Brandenburg, hatte Erfolg - die Allee besteht weiter.
Foto: Sammlung H. Schneider, Siehdichum, 2010

Alleen in der überkommenen Form genügen den heutigen Anforderungen an den Straßenverkehr oftmals nicht mehr (zu geringer Abstand der Bäume zur Fahrbahn, Einschränkung der Höhenfreiheit durch Astwerk, Fahrbahndeckenschäden durch Einwirkung des Wurzelwerks u.a.m.). Deshalb werden zunehmend parallel, aber außerhalb der vorhandenen Alleebaumreihe neue Bäume gepflanzt, welche dann, wenn der alte Baum infolge Alters oder Krankheit gefällt werden muss, die Allee verjüngt und damit erhält. Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit sind manchmal einzelne Alleebäume, oftmals aber auch die gesamte Allee mit Leitplanken ausgestattet worden.


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Neu angelegte Allee zwischen Müllrose-Dubrow und Biegen. An der Landstraße 37, Land Brandenburg, Landkreis Oder-Spree (LOS), wurde 2008 die ehemals aus (kranken) Kirschbäumen bestehende Allee durch Linden ersetzt.
Foto: Sammlung H. Schneider, Siehdichum, 2010

In Deutschland weist das Bundesland Brandenburg aus historischen Gründen die höchste Anzahl von Alleen auf. Die Landesregierung beschloss deshalb 2007 zu ihrer Erhaltung eine Alleenkonzeption. Darin ist die Pflanzverpflichtung zugunsten einer festgesetzten Alleenlänge festgelegt, losgelöst von der jährlichen Anzahl der zu fällenden Alleebäume. Dies ist erforderlich, um eine ausgeglichene Altersstruktur des jetzt überalterten Alleebaumbestandes zu erreichen und so die damit verbundenen Probleme nicht auf die nächste Generation zu übertragen. Die Pflanzung von jährlich ca. 30 km Alleen an Bundes- und Landesstraßen außerorts stellt eine große Herausforderung dar und erfordert eine systematische Herangehensweise.

Die Fernverbindung von Stralsund über Grimmen, Demmin, Reuterstadt Stavenhagen, Waren, Röbel, Mirow, Rheinsberg, Neuruppin, Fehrbellin, Nauen, Brandenburg an der Havel, Bad Belzig, Wiesenburg, Lutherstadt Wittenberg nach Gräfenhainichen ist als die Deutsche Alleenstraße ausgeschildert.

Schrifttum (1):

1 Liman, H.: "Die brandenburgischen Alleen und ihre Bäume"
in: Chausseen - Alleen - Meilensteine - Chausseehäuser | Zeitzeugen der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung Brandenburgs und Berlins, LS Brandenburg, Juli 2008, S. 75-77 [B017332]

2 Siekmann, Uwe: Allen - Mit Bäumen bepflanzte Straßen und Wege
in: Denkmalpflege in Westfalen-Lippe, Ausgabe 2.11, Denkmäler des Verkehrs im 19. und 20. Jahrhundert
Ardey-Verlag Münster, 2011, ISSN 0947-8299, Heft 2/11, S. 52 (5 S., 5 Abb., 1 Zeichnung) [F017555]

 

Schrifttum (2):

Quelle: Hafen, P. "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen",
Ferdinand Dümmlers Verlag, 1956

GI; (Erlaß Nr. 2228-335-A 20.40) vom 25. 2. 36: Merkblatt 21 — Gestaltungsaufgaben.  

Meyer-Jungclaussen, H.; Landstraße und Landschaftsbild.  

Rohe, Mies von der; Autobahnen als künstlerisches Problem.  

Siehe auch:

Landstraße mit Asphalt-, Beton- o. Steinpflasterdeckschicht

Unbefestigter Verkehrsstreifen an der Landstraße

H. Schneider, Naumburg (Saale), 2012/2021