ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Asphalt, Beton & Stein | Bau, Betrieb & Verkehr

Brückengeländer

Im Folgenden wird ein Beitrag des Architekten Friedrich Tamms wiedergegeben. Die Erstveröffentlichung erfolgte in der Zeitschrift »Die Strasse«, 4. Jahrgang (1937), Heft 3, Seiten 71 bis74. Eine weitere enthält das Heft 11 des Jahres 1938 als Sonderbeilage für das Land Österreich.


Brückengeländer

Für den Gesamteindruck der Reichsautobahnen sind die Brückengeländer von großer Bedeutung. Bei den Durchlässen, Unterführungen, ja selbst bei den größten Talbrücken sind sie beinahe das einzige, was den Autofahrer darauf hinweist, daß er sich auf einer Brücke befindet. Die Durchbildung der Geländer ist daher eine wichtige Aufgabe. Bei kleinen Durchlässen (Abb. 1) ist ein Geländer immer überflüssig. Für den Benutzer der Autobahn ist es sehr störend, hin und wieder neben der Fahrbahn kurze Geländerstücke von knapp 1,50 m Länge aufragen zu sehen, Geländer, die aussehen wie das Kopfende einer eisernen Bettstelle. Sie haben an der Autobahn nichts zu suchen. Sie sind kein Schutz, da sich ja hinter ihnen kein Abgrund auftut. Sie stören nur das Landschaftsbild.

 
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Abb. 1

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Abb. 2

 
Es ist viel vernünftiger, an ihrer Stelle niedrige Mäuerchen aufzuführen, wie es Abbildung 1 zeigt. Wenn diese Mauer 0,30 bis 0,40 m hoch ist und 0,20 bis 0,30 m breit, so ist damit ein ausreichender Schutz geboten. Diese niedrigen Mäuerchen verbinden sich vortrefflich mit der landschaftlichen Umgebung. Voraussetzung ist jedoch dabei, daß der kleine Durchlaß so ausgebildet wird, daß seine Stirnmauer bündig hochgehen kann. Es ist also angebracht, nicht Eisenbetonplatten mit vorspringenden

Gesimsplatten zu verwenden, sondern Überbrückungen aus kleinen Gewölben oder scheitrechten Bogen. Bei etwas größeren Durchlässen (Abb. 2) oder Unterführungen wird das Stahlgeländer nicht immer zu umgehen sein. Aber auch dann soll es möglichst unauffällig und einfach sein. Dazu gehört zunächst, daß es so niedrig ist, wie es die notwendige Sicherheit äußerst verlangt. Die früher hergestellten Geländer mit einer Höhe von 1,10 m sind gerade bei kurzen Geländern besonders unangenehm und stören den Blick des Autofahrers in die Landschaft erheblich, weil der Geländerholm sich in Augenhöhe des

 
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Abb. 3

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Abb. 4

 
Fahrers befindet. Bei diesen kleineren Unterführungen genügt auf alle Fälle eine Höhe von 0,70 m. Zusammen mit dem Schrammbord ergibt sich 0,85 m Höhe, die als Schutz ausreicht und den Blick in die Landschaft nicht stört. Dazu gehört aber auch, daß das Geländer so einfach wie möglich gestaltet ist. Es ist kein reines Vergnügen, wenn man von der Autobahn die Landschaft an solchen Stellen lediglich hinter Gittern sieht. Vier horizontale Stäbe sind auf jeden Fall zuviel. Wieviel schöner ist eine Ausbildung wie in Abbildung 3, wo nur ein Zwischenstab das Feld bis zum Holm teilt. Dabei ist das untere Feld etwas kleiner als das obere. Hinzu kommt, daß solche Gasrohrgeländer wie in Abbildung 2 bei weitem nicht so gut aussehen wie ein Geländer aus Kanteisenstäben.
Auch Geländer aus Winkelprofilen können nicht damit wetteifern. ln Abbildung 4 ist von dieser Art ein besonders krasses Beispiel gezeigt, das in jeder Beziehung ärmlich anmutet. Besonders unglücklich ist natürlich die Art der Fortführung des Geländers über den Flügeln, die in diesem Fall als Schrägflügel ausgebildet sind. Bei den Bauten der Autobahn laufen die Flügel stets parallel zum Uberbau, so daß eine vereinzelte Aufstellung der Geländerpfosten nicht in Frage kommt. Abbildung 5 zeigt ein Geländer, wie es bei den Unterführungen der Obersten Bauleitung Berlin am Berliner Ring der Reichsautobahn verwendet wird. Kräftige Pfosten, dünner Zwischenstab und breiter Holm sind das Merkmal der sorgfältig proportionierten und sauber hergestellten Geländer. Der Endpfosten ist stärker als die übrigen Pfosten, damit er das Ende der Brücke gut betont und Festigkeit gibt.

 
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Abb. 5
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Abb. 6

 

 

Für besondere Gelegenheiten kann die Form dieser Endigung dadurch bereichert werden, daß der Endpfosten besonders schwer und durch Ausarbeiten profiliert wird (Abbildung 7).
 
Demselben Zweck dient auch das kräftige Ausschwingen des Holms, der ein Sonderprofil ist, das für diesen Zweck besonders entworfen und, da für alle Unterführungen gleich, in großen Mengen gewalzt wurde. Das Ende des Holms ist in diesem Fall in Form eines großen Halbkreises warm gebogen worden.

Eine andere Form einer Endigung dieses Berliner Brückengeländers stellt die Abbildung 6 dar. Hier ist der Geländerholm, aus dem gleichen Profil, vom Schmied im Feuer zu einer kräftigen Volute ausgeschmiedet worden, die langsam durch das Schmieden dünner, aber breiter wird und sich dabei aufrollt, eine richtige Handwerksarbeit. Man sieht an der Volute die Schläge des Hammers.

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Abb. 7

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Abb. 8

 

Noch einfacher ist das Geländer der Obersten Bauleitung Berlin für die normalen Uberführungen aus Eisenbeton (Abb. 9). Hier fallen alle Pfosten fort, alle Stäbe greifen in den Beton ein und sind oben mit dem kräftigen Holm, der wieder ein in größeren Mengen hergestelltes Sonderprofil ist, verschweißt. Der Endpfosten ist wieder besonders kräftig gestaltet (aus dem Holmprofil), und der ausgeschmiedete Holm liegt in Form einer langen Schleife auf den Pfosten. Eine andere, bescheidenere Endigung dieses Geländers zeigt Abbildung 10. Auch hier ist der Holm am Ende dünn ausgeschmiedet, jedoch nur zu einer einfachen Rundung. Diese Form wird angewandt bei allen Uberführungen der Strecke Berlin-Frankfurt (Oder).

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Abb. 10

Abbildung 11 zeigt, wie selbstverständlich ein solches Geländer sich dem Brückenbild einfügt.

 
Während bei den Unterführungen der Autobahn die Geländer waagerecht angeordnet sind, werden sie bei den Überführungen, das heißt bei den Brücken, die normale Straßen über die Autobahn hinwegführen, senkrecht gegliedert, um einen größeren Schutz gegen das Herabfallen von diesen auch von Fußgängern benutzten Brücken zu gewähren. Auch.hier gilt hinsichtlich der Gestaltung das gleiche wie für die bisher behandelten Geländer, das heißt auch die Überführungsgeländer müssen sorgflältig in ihren Abmessungen ausgeglichen und einfach gestaltet werden. Dabei darf das ,,Einfache" jedoch nicht übertrieben werden. Eine Verwendung von zu mageren Geländerstäben kann niemals befriedigen. Abgesehen davon sind solche zu schwach konstruierten Geländer mechanischen Angriffen irgendwelcher Art nicht gewachsen. Wenn diese Geländer geschweißt werden, ist mit dem geringen Gewicht auch keineswegs etwas eingespart, da gerade diese ganz schwachen Stäbe sich beim Schweißen infolge der Wärmeeinwirkungen und der Schrumpfspannungen nach allen Richtungen verdrehen. Ein solches Geländer zu schweißen, wie wir es weitgehend tun möchten, und dabei .das Geländer gut auszurichten, kostet soviel an Arbeitszeit und Ärger mehr, daß das Mehrgewicht eines gut proportionierten Geländers aufgewogen wird. Abbildung 8 stellt ein solches gut gestaltetes Geländer dar (Brückenbauamt der Stadt Berlin). Es handelt sich hier um eine stählerne Straßenbrücke. Die Pfosten sind aus zwei Winkeln zusammengeschweißt, die Füllstäbe massiv, der Asphalt unter den Randwinkel geführt. Alle Stäbe sind da, wo sie zusammentreffen, klar gegeneinander abgesetzt.

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Abb. 9

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Abb. 11

Die Abmessungen der Stäbe sind 24/36 mm, die des Holmes 48/80 mm. An der Bewegungsfuge der Brücke ist der Holm schräg durchschnitten. Da er durch jeden Stab mit dem Beton verbunden ist, ist jede Decklasche oder sonstige Führung überflüssig. Der schräge Schnitt im Holm wird nur bemerkt, wenn man darauf aufmerksam macht.
 
Abbildung 12 zeigt noch ein Probesrück eines anderen Entwurfes mit Pfostenteilung und unterem Holm. Auch hier wurde auf das saubere Absetzen der einzelnen Stäbe gegeneinander Wert gelegt. Die obere Abdeckplatte ist absichtlich dünn, aber breit gehalten und am Ende wiederum ausgeschmiedet. Geländer sind dann gut, wenn sie im großen Rahmen unauffällig, im einzelnen aber gut bemessen sind, das heißt wenn die einzelnen Stäbe ihrer Bedeutung nach verschieden stark gehalten werden: Pfosten kräftig, Füllstäbe dünner und der Holm breit. Wenn man das beachtet, können auch Geländer sehr lebendige Teile des Ganzen sein.

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Abb. 12

Schrifttum

Quelle: Hafen, P. "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen",
Ferdinand Dümmlers Verlag, 1956

Tamms, F.; Brückengeländer.