Archiv für Autobahn- und Straßengeschichte

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Spuren der Reichsautobahn Berlin – Königsberg im Marienburger Werder

Im Marienburger Werder, dem zentralen Bereich der dreiteiligen, weitläufigen Niederung zwischen den Flüssen Weichsel und Nogat, wurden – wahrscheinlich in den Jahren 1940-1942 – Erdarbeiten für eine Teilstrecke der Reichsautobahn Berlin – Königsberg (Królewiec) ausgeführt. Sie fanden auf einem Abschnitt von etwa 6 km Länge in Richtung Elbing (Elbląg) statt, beginnend südwestlich des heutigen Dorfes Stawiec nach Osten bis zum Westufer des Flusses Schwente (Święta), wo sie endeten.

Topographische Karten und Archivalien aus der Zeit vor 1939 weisen als Nullpunkt der fertiggestellten Strecke 56 Elbing - Königsberg eine Stelle am östlichen Ufer der Nogatschleife in der Nähe des Dorfes Hakendorf-Robach (Jazowa) aus. Tatsächlich endete die Autobahn jedoch westlich der für den Verkehr freigegebenen Anschlussstelle Elbing-West. Zum Abschnitt zwischen diesem Punkt und vermuteten Bauaktivitäten westlich davon gab es bisher nur Hypothesen. Dieser Beitrag bringt erstmals Licht in das Dunkel.
 

1. Spuren in der Umgebung des Dorfes Stawiec (2004-2022)

Die wenigen sichtbaren Überreste lassen sich heute außerhalb der Vegetationsperiode nicht mehr erkennen und es wird im Laufe der Zeit immer schwieriger werden, ihre Existenz und den ursprünglichen Zweck nachzuweisen.

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© Google Maps (2004 & 2017)

Die wenigen sichtbaren Überreste lassen sich heute außerhalb der Vegetationsperiode nicht mehr erkennen und es wird im Laufe der Zeit immer schwieriger werden, ihre Existenz und den ursprünglichen Zweck nachzuweisen.

Bild2
© Geoportal.gov.pl (2022

 

2. Spuren in der Nähe des Flusses Schwente (2004)

Leider erlitten andere Bodenrelikte schon viel früher ein ähnliches Schicksal. Als Folge der langjährigen Bewirtschaftung der Ackerflächen, auf denen sie sich befanden, sind sie bis auf wenige kaum erkennbare und unverständliche Flecken fast vollständig verschwunden. Das folgende Foto zeigt den letzten Abschnitt in Richtung des Flusses Schwente (in der unteren rechten Ecke) im Jahr 2004. Zur besseren Einschätzung der Situation ist der Bereich des einst gerodeten Landstreifens mit dünnen roten Linien markiert; auf beiden Seiten waren früher die bei der Trassierung einer Baustrecke üblichen Erdhaufen der abgehobenen Humusschicht aufgereiht.

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© Google Maps (2004)

Oft ist im Gelände absolut nichts zu sehen. Selbst in modernen Satelliten- und Luftbildern ist es schwierig, alle Spuren aus dieser Zeit zu finden. Dazu ist die Analyse vieler Fotografien erforderlich, die über Jahre und zu unterschiedlichen Jahreszeiten aufgenommen wurden, da Hinweise fast nie sofort erkennbar sind – und selten in brauchbarer Qualität und Form.

Der LIDAR-Dienst (Laser Terrain Scan - Light imaging, detection and ranging) bietet eine größere Chance, viele Dinge zu finden, die auf Satelliten-Fotos und direkt im Gelände nicht mehr sichtbar sind.

Die LIDAR-Aufnahme unten zeigt die beiden parallelen Reihen der Erdhügel, die beim Baubeginn dieses Reichsautobahn-Abschnitts entstanden sind. Aus dem gemessenen Reihenabstand der Erdhaufen im bis vor kurzem gut erhaltenen Teil in der Nähe des heutigen Dorfes Stawiec lässt sich ableiten, dass der beim Fluss Schwente aufgeschüttete Fahrbahndamm eine Höhe von maximal 2 bis 3 Metern hatte.

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© Geoportal.gov.pl (2016)

 

3. Die Brücke über die Weichsel (1941)

Bei Fluss-Kilometer 924,7 der Weichsel war eine Brücke geplant. In Betracht gezogen wurde eine Hängebrücke. Im Jahr 1941 fanden dazu Vorgespräche und Entwurfsarbeiten statt, doch gab es keine vorbereitenden Arbeiten.

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© Piotr Zembrzuski (2019)

Diese kurze Darstellung eines kaum bekannten Fragments der Reichsautobahn-Geschichte im heutigen Polen dient als Einführung in ein Forschungs-Projekt, das durch fortlaufend ergänzte Rekonstruktionen fast der gesamten Strecke im Maßstab 1: 2.000 demnächst vollständig dargestellt wird.

Text und Zeichnung: Piotr Zembrzuski (September 2022)
Übersetzung aus dem Polnischen und (fach)sprachliche Redaktion: Reiner Ruppmann (September 2022)